Das Ehrenamtskonzept

ZUSAMMENFASSUNG DES KONZEPTS

Grob kann man in einem Sportverein grundsätzlich drei Arten des freiwilligen Engagements unterscheiden:

  1. Formal legitimiertes Ehrenamt (häufig gewählt) – ohne gibt es keinen Verein!

Vorstand

  1. Freiwillige längerfristige Pflichtaufgaben -geht theoretisch auch ohne, praktisch aber kaum!

Betreuer, Kinderwart, Trainer (zum Teil), etc.

  1. Ad hoc Engagement

Events, Turniere, Projekte, Feiern

Allen drei Gruppen ist gemein:

Freiwilliges Engagement ist unentgeltlich, aber nicht umsonst!

Freiwilliges Engagement muss nachhaltig organisiert und gemanagt werden!

Freiwilliges Engagement muss systematisch, planbar und verlässlich sein!

Freiwilliges Engagement darf nicht ausgenutzt werden!

Das Management von freiwilligem Engagement ist Personalmanagement!

In einem respektvollen, aufmerksamen, freundlichen und anerkennenden Umfeld gedeiht freiwilliges Engagement am besten!

Und am Wichtigsten:

Jedes freiwillige Engagement ist ein Geschenk an die Allgemeinheit!

Wenn man also theoretisch weiß, was freiwilliges Engagement ist, dann muss die Idee nur noch in die Praxis umgesetzt werden. Ziel des Konzepts ist es, eine gewisse Struktur in die ehrenamtliche Arbeit im Verein zu bringen. Deshalb wurden Vorschläge rund um den sogenannten “Lebenszyklus für das freiwillige Engagement“ erarbeitet.

  1. Lebenszyklus des freiwilligen Engagements

Für einen Sportverein ist eine ehrenamtsfreundliche Organisationsstruktur unerlässlich. Vor allem bei Vereinen, in denen die Führung ehrenamtlich organisiert ist (wie dem BTHV), ist das eigentlich gleichbedeutend mit einer guten Personalmanagementstruktur. Wichtige Schritte sind: Bedarfs- und Bedürfnisanalyse; Ansprache, Gewinnung und Aufgabenübertragung; Orientierung und Einarbeitung; Aus- und Weiterbildung; Anerkennung und Belohnung; regelmäßige Evaluierung; Verabschiedung.

  1. Bedarfs- und Bedürfnisanalyse

Bei der Bedarfs- und Bedürfnisanalyse geht es um den Bedarf des Vereins einerseits sowie die Bedürfnisse des einzelnen potentiellen Freiwilligen auf der anderen Seite. Dabei gilt:

Jeder Sportverein sollte seine sportlichen Ziele klar definieren und sich dementsprechend personell aufstellen.

Das bedeutet, dass bei der Erstellung der sportlichen Ziele auch Folgendes gleichzeitig mitgedacht werden sollte:

Jeder Sportverein sollte für sich klarstellen, welche Art von Verein er eigentlich ist (oder sein möchte).

Also: Will der Verein sich in erster Linie hauptamtlich oder ehrenamtlich organisieren? Erwartet der Verein von allen Mitgliedern, dass sie sich ehrenamtlich engagieren? Wissen die Mitglieder das auch?

Während der Interviews, die zur Erstellung dieses Konzepts geführt wurden, fiel häufiger der Satz „viele Mitglieder sehen in dem Verein mehr einen Dienstleister und wollen sich gar nicht freiwillig engagieren“. Soll diese Haltung vermieden werden, ist es wichtig, dass der BTHV klar und transparent kommuniziert, welche Art von Verein er ist und welche sportlichen Ziele er verfolgt.

Es gelten die folgenden Erwägungen:

  • Welche Kompetenzen und wie viele freiwillige Mitarbeiter braucht der Verein im Moment und in der Zukunft?
  • Welche Erwartungen und Kompetenzen haben die potentiellen freiwilligen Mitarbeiter?
  • Wie bringt man beides zusammen?

Der BTHV ist einen ersten Schritt mit der Arbeit an der VMI-Matrix bereits gegangen. VMI steht dabei für Verantwortung, Mitarbeit und Information. Mit dieser Matrix werden die wichtigsten Funktionen im Verein erfasst und dokumentiert. Auf Grundlage der Erfassung werden dann klare Funktionsaufgaben und/oder Stellenbeschreibungen erstellt.

Dann muss erkannt werden, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Person genügend Zeit/Ressourcen/Motivation hat, eine Funktion auszufüllen. Oder muss die Funktion eventuell aufgeteilt werden? Oder müssen flexiblere Lösungen gefunden werden (etwa klar umrissene Projekte statt Ämter)?

Noch mehr: das Verständnis, dass sich ehrenamtlich Engagierte in der Regel eben nur eingeschränkt einbringen können, MUSS selbstverständlich vorliegen. Es ist ein hohes Maß an Verständnis für die persönliche Lebenssituation des freiwillig Engagierten gefragt.

Am Ende der Bedarfs- und Bedürfnisanalyse steht dann bestenfalls ein Art Organigramm, in dem alle Funktionen und Verantwortlichkeiten unter Einbindung mindestens des formal legitimierten Ehrenamts abgebildet sind. Idealerweise sind diese dann personenunabhängig (Funktion geht vor Namen!).

Gerade bei den längerfristigen sowie den ad hoc-Aufgaben sollte auch unbedingt in Erwägung gezogen werden, ob die anstehenden Aufgaben nicht viel besser auf Projektbasis angegangen werden können, statt mit Mandaten behaften zu werden. Projekte bieten den Vorteil, dass sie in der Regel zeitlich klarer bestimmt sind, meist dynamischer und zielorientierter organisiert sind und oft auch mehr Raum für Flexibilität bieten.

Wichtig ist in jedem Fall, dass der Verein seine Anforderungen, Erwartungen und Ziele transparent macht und eindeutig an seine Mitglieder kommuniziert. Je mehr Klarheit herrscht, desto wahrscheinlicher werden sich Leute finden, die sich gerne freiwillig engagieren. Potentielle Mitglieder wissen dann direkt, woran sie sind, und verwechseln den Verein dann (hoffentlich) nicht mehr mit einem Dienstleistungsunternehmen.

  1. Ansprache, Gewinnung, Aufgabenübertragung

Der Verein sollte sich Kenntnis davon verschaffen, wer genau seine Mitglieder sind, um potentielle ehrenamtliche Mitarbeiter gezielt identifizieren und ansprechen zu können. Die Vorstellung des Vereins mit seinen Zielen und Visionen ist dabei sehr wichtig; die befragten Mitglieder (aktive wie passive) sollen möglichst genau wissen, wofür sie sich engagieren und warum ihre Mitarbeit von so elementarer Bedeutung für den Verein ist.

Bei der Aufgabenübertragung ist es immens wichtig, dass Anforderungen und Erwartungen klar umschrieben sind (am besten durch eine Aufgabenbeschreibung). Hierzu zählt auch der erwartete zeitliche Aufwand. Zudem sollte der potentielle Freiwillige auch von Anfang an klar kommunizieren, wie viel Zeit und Energie sie/er investieren kann. Die gegenseitigen Erwartungen sollten so weit es geht verbindlich vereinbart werden.

Realistischer Weise gilt dabei aber, dass sich in einer ehrenamtlichen Organisationsstruktur der Sportverein stärker an die Bedürfnisse des freiwillig Engagierten anpassen muss, als der freiwillig Engagierte an den Bedarf des Sportvereins. Das ist gerade bei den Vollzeit-Funktionen in der Realität nicht immer einfach.

  1. Aufgabenübernahme, Orientierung und Einarbeitung

Grundsätzlich gilt: wenn ein freiwillig Engagierter eine Aufgabe neu übernimmt, hilft ihm/ihr eine feste Ansprechperson sich zurechtzufinden, und die eigenen Vorstellungen in die Umsetzung miteinzubringen. Wichtig ist dabei, dass der neue freiwillige Mitarbeiter nicht einfach ins kalte Wasser geworfen wird. Eine inhaltliche als auch emotionale Einarbeitung in die neue Aufgabe ist unerlässlich. Vor allem für Neueinsteiger ist es wichtig, dass ihnen ausreichend Freiraum gewährt wird, damit sie sich selbst ausprobieren, kreative Lösungen entwickeln und ggf neue Wege einschlagen können.

Hilfsmittel sind hier u.a. eine detaillierte Aufgabenbeschreibung (VMI) oder andere schriftliche Unterlagen (Betreuerhandbuch).

  1. Aus- und Weiterbildung, Qualifizierung

Bei der Gewinnung von freiwillig Engagierten stellt sich irgendwann immer die Frage nach dem Angebot des Vereins bzw den Erwartungen des Ehrenamtlichen. Dabei geht es per Definition nicht um eine entgeltliche Belohnung.

Typische Beispiele: Qualifizierungsmaßnahmen, Fort- und Weiterbildung von Trainern, Fort- und Weiterbildung von Schiedsrichtern, Erste-Hilfe-Kurse, Unterstützung in der Arbeitsfindung, Aus- und Fortbildung im Bereich Sportmanagement, Aus- und Fortbildung im Bereich Ehrenamtskoordination, Aus-und Fortbildung im Bereich Kinder- und Jugendbetreuung, Teilnahme an Dachvorträgen und Seminaren, Stipendien, Nutzung von Angeboten für freiwillig Engagierte des Bundes, Landes, LSB, etc.

Zusätzlich birgt freiwilliges Engagement in großes Potential für informelles Lernen, wie zum Beispiel Toleranz, gegenseitiger Respekt, Teamfähigkeit, Eigeninitiative, Teilhabe, Gleichberechtigung.

  1. Anerkennung

Freiwilliges Engagement ist unentgeltlich, aber nicht umsonst. Anerkennung und Wertschätzung sind zwei der wichtigsten Faktoren, um freiwillig Engagierte motiviert zu halten und an den Verein zu binden. Wichtigster Ansatz ist die Etablierung einer allgemeinen wertschätzenden Anerkennungskultur.

Hier gibt es durchaus vielfältige Ansätze, die möglichst gleichzeitig zur Anwendung kommen sollten: Schaffung und Erhaltung einer positiven und wohlwollenden Vereinskultur, kein freiwilliger Einsatz bleibt unbemerkt, förmliche Belohnungen.

  1. Regelmäßige Evaluierung und Selbstreflexion

Was oft unterschätzt und gerne unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass auch die Arbeit von freiwillig Engagierten durchaus einer Qualitätserwartung unterliegt. Nur weil etwas ehrenamtlich unternommen wird, muss nicht schlechtere Qualität hingenommen werden.

Um der besonderen Sensibilität von Evaluierungen und Bewertungen im Kontext von freiwilligem Engagement gerecht zu werden, werden folgende mögliche Ansätze vorgeschlagen:

  • Team- und aufgabenorientierte statt personenorientierte Evaluierung;
  • Wertschätzende Erkundung statt Kontrolle;
  • Wertschätzende und unterstützende Rückmeldung;
  • Regelmäßige und systematische Evaluierung, statt ad-hoc Eingriff, wenn Probleme auftauchen;
  • Schaffung von Raum für regelmäßige Selbstreflexion;
  • Entwicklung einer positiven Kultur der Fehlermanagements.
  1. Verabschiedung

Es ist wichtig, dass das Ende einer bestimmten ehrenamtlichen Aufgabe positiv begleitet wird, um die Person weiterhin an den Verein zu binden oder zumindest (bei Austritt) positiven Kontakt zu halten.

  1. Ehrenamtskoordination

Eine ehrenamtsfreundliche Organisationsstruktur lebt eigentlich immer in dem Spannungsverhältnis zwischen den Anforderungen des Vereins und den Wünschen und Bedürfnissen der Mitglieder. Dabei muss die Struktur eine große Flexibilität aufweisen, ohne an Planbarkeit und Qualität einzubüßen.

Zusammengefasst bedeutet das, dass die verantwortlichen Personen in den Vereinen strategisch und inhaltlich darauf vorbereitet sein sollten, Aufgaben an Freiwillige zu delegieren, Zuständigkeiten und Tätigkeitsfelder klar zu definieren und zu kommunizieren. Darüberhinaus sollten die freiwillig Engagierten auch möglichst betreut und begleitet werden können.

Das muss entwickelt, organisiert und durchgeführt werden – am besten durch die Funktion der Ehrenamtskoordination. Gründe dafür sind unter anderen:

  • Zentrale Stelle rund um das Thema Ehrenamt;
  • Zentrale Stelle für Angebot von Aus-, Fort- und Weiterbildung;
  • Zentrale Stelle für Entwicklung und Durchführung einer Anerkennungskultur;
  • Zentrale Stelle für die Entwicklung und Fortführung einer Freiwilligen-Datenbank;
  • Entlastung für Vorstand, Trainer, etc;
  • Möglichkeit für die unmittelbare Unterstützung der Vereinsarbeit;
  • Vertretung des Vereins nach außen im Bereich Ehrenamt;
  • Positive Außenwirkung;
  • Empfehlung des Deutschen Olympischen Sportbundes sowie des Landessportbundes NRW.

Eine solche zentrale Stelle hat dann den Gesamtüberblick, was das Ehrenamt im Verein angeht, und kann in Absprache und Zusammenarbeit mit allen im Verein Tätigen (hauptamtlich wie ehrenamtlich) das freiwillige Engagement managen und koordinieren.

Freiwilliges Engagement beim BTHV (Jan 2018)